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22. Dezember 2010

Stellungnahme des SDS zum Fall "Simon Brenner"

LKA bespitzelte Heidelberg Studierende

Am 12.12.10 wurde in Heidelberg ein V-Mann des LKA enttarnt. Er war unter dem Namen „Simon Brenner“ an der Universtät Heidelberg in Germanistik und Ethnologie bzw. später Soziologie und Ethnologie eingeschrieben. Er hatte eine Wohnung in Leimen gemietet und gab an, aus Bad Säckingen im Landkreis Waldshut zu stammen, was auch zum Nummernschild seines silbernen Nissan Kombi (WT) passte. Er besaß auch einen Personal- sowie Studierendenausweis auf den Tarnnamen Simon Brenner.

Zum ersten Mal trat er während der Universitätsbesetzung am 18. November 2009 auf. Bei einem Informationstag der Uni informierte er sich im besetzten Hörsaal über die Ziele der Besetzung. Am 21. April 2010 nahm er dann bei einem Grillfest Kontakt zum dielinke.SDS auf. In der Folgezeit engagierte er sich im SDS und nahm mit dessen AktivistInnen an diversen Aktionen wie einer Bildungsstreik-Demo, der Umzingelung des AKW Biblis, der Naziblockade am 1. Mai in Berlin, der Revolutionären Mai-Demo in Kreuzberg und der Studierendenkonferenz der Linksfraktion teil.

Auf dem Campus Camp Mitte Mai kam er dann vermehrt in Kontakt mit anderen Gruppen und zog sich aus dem SDS schrittweise zurück. Die persönlichen Kontakte zu Mitgliedern des SDS hielt er aufrecht, gab jedoch auf Nachfrage an, dieser sei ihm „zu parteinah“. Trotzdem nahm er beispielsweise Mitte Juni einem Sommerfest der Partei DIE LINKE. teil und half auch bei der Durchführung des Fests. Ende September nahm er mit AktivistInnen aus Heidelberg am NoBorder-Camp in Brüssel teil und im November war er maßgeblich an der Organisation der Castor-Südblockade beteiligt.

Enttarnt werden konnte er, weil er im August 2010 im Frankreichurlaub einer jungen Frau als Polizist vorgestellt wurde.Diese traf ihn zufällig am Samstag, dem 11.12. in Heidelberg bei einem Konzert wieder, als sie eine Heidelberger Bekannte besuchte. Er bat sie, nicht zu verraten, dass er Polizist sei, was diese jedoch tat. So wurde er am darauffolgenden Tag zu Rede gestellt und gestand nach kurzem Zögern, dass er der Abteilung I540 („Verdeckte Ermittlungen Staatsschutz“) des LKA angehöre und eine spezielle Ausbildung für verdeckte Ermittlungen und eine Einführung in die polizeilichen Einschätzungen der Heidelberger linken Szene erhalten habe. Ziel sei es gewesen, in die Heidelberger Antifa-Szene zu gelangen. Er gab zu, über alle ihm bekannten AktivistInnen Akten angelegt und diese ans LKA weitergeleitet zu haben. Diese umfassten nicht nur persönliche Daten, sondern auch Informationen über FreundInnen und MitbewohnerInnen. Darüberhinaus habe er alle 14 Tage telefonisch an seine Vorgesetzten berichtet.

Wir gehen davon aus, dass der der Spitzel den SDS als Eingang in die linke Szene nutzte, weil dieser eine leicht zugängliche Gruppe ist. Über ihn wollte der Spitzel Kontakt zu anderen Mitgliedern der linken Szene bekommen und täuschte nach und nach eine politische Radikalisierung vor, die ihn am Ende in die Antifa geführt hätte.

Neben der persönlichen Traumatisierung sind wir entsetzt über dieses Vorgehen des Staates. Einen Spitzel ohne direkte Zielsetzung wie den konkreten Verdacht auf eine Straftat einzusetzen, halten wir für eindeutig rechtswidrig. Außerdem wurde das Prinzip der Trennung von Polizei und Geheimdienst grob verletzt. Wir verlangen daher Aufklärung von allen beteiligten staatlichen Stellen wie dem LKA, dem Innenminister Rech und der Heidelberger Polizei, sowie darüber, ob die Universität Heidelberg über den Spitzel-Einsatz gegen ihre StudentInnen informiert war und diesen duldete. Wir wollen Antwort auf die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage, legale Organisationen bespitzelt werden und wir verlangen die Herausgabe und Löschung aller Informationen, die so erhoben wurden.

Dass der Staat es für richtig hält, Studierende, deren einziges „Verbrechen“ es ist, sich für eine bessere Gesellschaft zu engagieren, in dieser Weise zu drangsalieren, zeigt uns, wie wichtig dieses Engagement ist. Wir werden uns daher nicht von unserer Arbeit abhalten lassen, sondern sie im Gegenteil mit dem Wissen fortsetzen, dass unsere Arbeit und unsere Überzeugung richtig und wichtig für diese Gesellschaft ist.

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