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29. April 2011

Freiheit nicht als Floskel, sondern als Ziel

In der derzeitigen Krise der FDP verteidigen deren Spitzen die angebliche Notwendigkeit eines Fortbestehens ihrer Partei mit dem Argument, dass die FDP als Partei des Liberalismus der parlamentarische Garant für Freiheit in Deutschland wäre. Die Implikation ist oftmals, dass die anderen Parteien dieses Thema nicht ernst nehmen würden, ihnen es egal wäre oder dass sie sogar Feinde der Freiheit wären. Besonders letzteres wird ausgehend vom bürgerlichen Lager immer wieder den Vertretern eines demokratischen Sozialismus zum Vorwurf gemacht. Sozialismus und Freiheit seien grundsätzlich nicht vereinbar. Die Vertreter eines demokratischen Sozialismus folglich Feinde der Freiheit.

Diese Anklage lässt sich manchmal auf das übliche Gezänk zwischen politischen Gegnern zurückführen. Oftmals ist es aber leider mehr als das: Es zeigt uns nämlich, dass die Vertreter des Liberalismus Freiheit oftmals nur noch als Floskel zur Beschreibung des Status quo anstatt als reales Ziel begreifen.

Was meinen wir, wenn wir Freiheit entgegen dem herrschenden Mainstream als Ziel für eine zukünftige Gesellschaft begreifen? Es heißt nicht, dass wir die Grade an Freiheit verneinen würden, die uns die jetzige Gesellschaft gegenüber früheren Gesellschaften gewährt. Relativ zur Vergangenheit betrachtet leben wir wahrscheinlich wirklich in einer freieren Gesellschaft; dennoch sind die Menschen auch heute noch in vielen Punkten unfrei. So sind sie gezwungen sich unter das Joch der Lohnarbeit zu begeben und ihre Lebensplanung hängt mehr von einer kapitalistischen Verwertungslogik als von ihren eigenen Vorstellungen ab.

Gerade uns als Studierenden begegnet diese Fremdbestimmtheit tagtäglich: In acht Jahren Abitur machen, dann in sechs Semestern den Bachelor, vier Semester Master, möglichst noch zwei Semester im Ausland verbringen, um dann mit 24 ins Berufleben einzusteigen. Diese Bildung lässt keine Freiheit, um seine eigene Persönlichkeit auszubilden und auch keine Freiheit, um zu lernen Sachverhalte kritisch zu beurteilen, was aber doch eine Grundvoraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie wäre.

Die Krise des Liberalismus

Die Krise der FDP ist eine Krise des Liberalismus. Unsere Zeit wird von weltweiten ökologischen, ökonomischen und sozialen Problemen geprägt. Der Liberalismus kann diese Probleme nicht lösen, da er nicht sieht, dass diese im Kapitalismus wurzeln. Der derzeitige Liberalismus reduziert Freiheit auf die Freiheit von der Einmischung des Staates und vergisst dabei aber, dass Freiheit eben auch immer die persönliche Freiheit bedeutet, um etwas zu tun. Freiheit bedeutet eben auch die Freiheit mobil zu sein, seinen Wohnort frei zu wählen und sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten.

Der Liberalismus behauptet, dass bereits allen in unserer heutigen Gesellschaft Freiheit gegeben wäre und verkennt dabei, dass diese Freiheiten nur jenen offen stehen die fähig sind deren Preis zu bezahlen. Mobilität, freie Wohnortswahl und autonome Lebensplanung sind nämlich in unserer kapitalistischen Gesellschaft mittlerweile selbst zur Ware geworden. Freiheit lässt sich heute wie eine Ware erwerben. Wie viele andere Waren trägt aber auch sie einen Preis, der von den Verlierern des unsolidarischen Kapitalismus nicht bezahlt werden kann.

Freiheit durch demokratischen Sozialismus

Für uns ist deshalb klar: Freiheit ohne Solidarität ist wertlos. In einer unsolidarischen Ökonomie wie dem Kapitalismus wird Freiheit stets nur die Freiheit der Gewinner des universellen Konkurrenzkampfes bleiben. Die Verlierer dieses Konkurrenzkampfes werden nicht fähig sein, den Preis für die zur Ware gewordene Freiheit zu bezahlen. Kurzum: Die Freiheit im Kapitalismus ist nur die Freiheit derer, die sie sich leisten können. Indem der Liberalismus sich dieser Einsicht verweigert, wendet er sich gegen die Freiheit, die er sich einst auf die Fahne geschrieben hat.

Deswegen braucht es heute andere Ideen um für uns alle ein Mehr an Freiheit zu schaffen. Der demokratische Sozialismus kann dies erreichen, denn er strebt nach einer Gemeinschaft freier, gleichberechtigter Individuen. Er ermöglicht durch demokratische Gestaltung wirtschaftlicher, politischer und sozialer Entscheidungen allen die Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum. Der demokratische Sozialismus wäre eine Gesellschaft, in der sich jeder Mensch frei von äußeren Zwängen individuell entfalten könnte.  Zu einer derartigen Gesellschaft können wir nur gelangen, wenn wir Freiheit, anstatt als eine Floskel zur Beschreibung des Status quo, als entscheidendes Ziel innerhalb gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen begreifen.

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